Fokus auf Informationskampagnen statt auf Bürokratie

«Hausärzte Schweiz» hat zur Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR) Stellung genommen. Dem Verband scheint, dass nicht alle angeführten Ziele in allen Handlungsbereichen gleich erfolgsversprechend umsetzbar sind. Er sieht insbesondere im Veterinärbereich mehr Handlungsbedarf als im Humanbereich.

Mit der vorgelegten Strategie StAR zeigt der Bund, dass er das ernstzunehmende Problem Antibiotikaresistenzen erkannt hat und gewillt ist, präventiv zu handeln. «Hausärzte Schweiz» plädiert dafür, prioritär im Veterinärbereich zu agieren, wo die Überwachung bisher mit einer Verbrauchsstatistik und lediglich Stichprobenmonitoring vergleichsweise schlecht funktioniert. Auch die Grundlagenerarbeitung im Umweltbereich ist zu begrüssen. Sind diese Schritte geschafft und evaluiert, können evidenzbasiert Massnahmen auch im Humanbereich diskutiert werden. Die Strategie soll die Arbeit der Grundversorger nicht erschweren, weshalb Massnahmen strikt auf ihre Notwendigkeit und Effizienz zu überprüfen sind. Für allfällige Meldepflichten oder eine zentrale Erfassung des Antibiotikaverbrauchs muss die Ärzteschaft unbedingt Umsetzungspartner sein.

Der geäusserte Generalverdacht, dass Hausärzte in der Hälfte aller Fälle von viralen Infektionen Antibiotika verschreiben, ist befremdend. Dem Verband ist keine Studie bekannt, mit welcher sich diese Behauptung stützen liesse. Das Ziel hingegen, praxisnahe und rasch verfügbare Laboruntersuchungen zu entwickeln und einzusetzen, unterstützt der Verband. Nicht zuletzt führen Haus- und Kinderärzte ihre Praxislabors für solche Zwecke. Die Vernetzung und Koordination der Referenzlaboratorien und die Entwicklung von Qualitätsstandards unterstützt «Hausärzte Schweiz» im Sinne der optimalen Nutzung von Ressourcen. Dasselbe gilt für die Etablierung von Richtlinien, was von den Fachgesellschaften koordiniert werden soll. Impfpromotion wird durch die Schweizer Haus- und Kinderärzte befürwortet und bereits geleistet. Beispiele wie die vom BAG empfohlene Pneumokokkenimpfung zeigen allerdings Schwächen des Systems, denn diese wird von den Krankenkassen nicht vergütet. Für den Verband ist es wichtig, dass Haus- und Kinderärzte weiterhin eigenverantwortlich Medikamente verschreiben können. Sorge bereitet in Sachen Verschreibungsrichtlinien die im Heilmittelgesetz angedachte Ausweitung der selbstständigen Medikamentenabgabe durch die Apotheker. Insbesondere Antibiotika sollten ausschliesslich durch Mediziner mit klinischer Erfahrung abgegeben werden.

Der direkte Zugang der gesamten Bevölkerung zum Infektiologen in Fragen der Antibiotikaresistenz ist dagegen widersinnig, die Zusammenarbeit muss – aus Qualitäts- und Kostengründen – in der Regel über den behandelnden Arzt gehen. Fachexpertisen können erfahrungsgemäss schon heute problemlos und zeitnah eingeholt werden. Der Aufbau eines Benchmarking zum Antibiotikaverbrauch bedingt, dass jeder Antibiotikagebrauch gemeldet wird: diesen Aufwand erachtet der Verband für die Praxen als übertrieben. In der Forschung liegt das Interesse der Grundversorger klar bei der Förderung neuer diagnostischer Methoden. Im Bereich der Kooperation liegt die Präferenz bei einem stärkeren Einbezug der Akteure und der Nutzung und besseren Koordination ihrer vorhandenen Ressourcen. Dass die Information der Öffentlichkeit über Antibiotikaresistenzen verbessert wird, ist ein Ziel, hinter das sich die Haus- und Kinderärzte vorbehaltslos stellen können. Im Rahmen ihrer täglichen Arbeit können sie dazu einen Beitrag leisten. Dass die bestehenden Kanäle über die Praxen, die Konsumentenorganisationen und die Krankenkassen genutzt werden, um das Bewusstsein der Patientinnen und Patienten zu vorsichtigem Antibiotikagebrauch zu steigern, ist ein guter Ansatz. Die Integration der Thematik in die Fortbildungen zu Prävention und Behandlung von Infektionskrankheiten anlässlich der Kongresse soll prominent erfolgen. Bei der Förderung der Verfügbarkeit von Antibiotika hingegen darf durchaus die Pharmaindustrie in die Pflicht genommen werden, ohne dass sie mit Anreizen motiviert wird.