Urabstimmung der FMH zu Managed Care

Wo bleibt unsere politische Glaubwürdigkeit?

Liebe Mitglieder des Berufsverbandes der Haus- und Kinderärztinnen Schweiz

In der Ärztezeitung dieser Woche hat die FMH zur Teilnahme an einer befremdenden Urabstimmung aufgerufen, das entsprechende Abstimmungsmaterial wurde gleichzeitig abgeschickt. Worum geht es dabei?

Die Managed Care Vorlage als Teil der KVG-Revision sorgt in der Ärzteschaft schon seit Jahren für Gesprächsstoff, manchmal für heisse Köpfe. Diese ist, obschon massgeblich auf den Thesen der FMH zu Managed Care aufgebaut, nicht nur im Parlament umstritten, sondern auch in der Ärzteschaft. In PrimaryCare haben wir immer wieder über die Diskussionen und den Entscheidungsprozess berichtet.  Bisher hat unser Berufsverband , legitimiert durch wiederholt klare Entscheide seiner Delegierten, die Vorlage unterstützt, dies unter der Bedingung, dass zwei wesentliche Punkte erfüllt werden: Zum Einen bedeutet die Verbesserung des Risikoausgleichs für uns eine conditio sine qua non, zum Andern bestehen wir auf der Unabhängigkeit der Netzwerke von den Krankenkassen. An der Delegiertenversammlung vom 21.5.2011 haben wir, angesichts der nach wie vor bestehenden Differenzen zwischen den Parlamentskammern, eine intensive Diskussion über die weitere Positionierung unseres Verbandes zu dieser Vorlage geführt. Die Delegierten haben, nach Meinung des Vorstandes, eine staatspolitisch kluge Entscheidung gefällt. Eine klare Mehrheit hat, trotz eines entsprechenden Antrags der Genfer Hausärzte, beschlossen, keinen übereilten Entscheid zu fällen. Die Delegierten  wollen die abschliessenden Diskussionen im Parlament abwarten und im Herbst, aufgrund der definitiven Vorlage, an einer ausserordentlichen Delegiertenversammlung am 3.11.2011, über die weitere Haltung des Verbandes entscheiden.

Einigen Mitgliedern der FMH fehlt diese Geduld. Obschon der entsprechende Antrag in einer turbulenten Ärztekammersitzung am 26.5.2011 letztlich klar abgelehnt wurde, haben sich einige kantonale und Fachgesellschaften – Ihr konntet es in der Ärztezeitung lesen – entschlossen, diesen Entscheid einer Urabstimmung zu unterziehen. Ihr, d.h. alle FMH-Mitglieder, seid deshalb aufgefordert, für oder gegen die Ablehnung dieses Ärztekammerentscheides zu votieren.JA bedeutet, Ihr seid für den abgelehnten Antrag, NEIN  heisst, Ihr unterstützt den Entscheid der Ärztekammer.

Da der Antrag auch Widerstand und Referendumsdrohung gegen bereits verabschiedete Teile der MC-Vorlage verlangt – diese werden im Parlament nicht mehr diskutiert - bedeutet ein JA bei der Urabstimmung , dass die FMH definitiv das Referendum unterstützen  oder gar ergreifen muss, unabhängig davon was in der Einigungskonferenz der Räte beschlossen wird.

Eine Annahme dieser Urabstimmung würde die FMH zwingen, in einem denkbar ungünstigen und sensiblen Moment ihre politische Entscheidungsfreiheit aufzugeben. Durch einen vorzeitigen Beschluss der Ärzteschaft, ihre bisherige Unterstützung aufzugeben, würde sie nicht nur jeglichen Einfluss auf die entscheidenden, letzten Diskussionen im Parlament verlieren. Gleichzeitig – und das ist viel wichtiger- hängen auch die politische Glaubwürdigkeit und die Verlässlichkeit der Ärzteschaft am seidenen Faden dieser Abstimmung. Dieser ideologische Machtpoker hat bereits zu grossen Schaden angerichtet. Es gilt nun, den Schaden zu begrenzen.

Der Zeitpunkt dieser Urabstimmung ist nach unserer Meinung verfrüht und politisch unklug. Wir bitten Euch deshalb um zwei Dinge:

  1. Unterstützt den Berufsverband „Hausärzte Schweiz“ und dessen Delegiertenversammlung auf ihrem politischen Weg, indem Ihr die Urabstimmung ablehnt. Stimmt NEIN und gebt uns die Gelegenheit, anfangs November an einer ausserordentlichen Delegiertenversammlung die Vorlage als Ganzes zu beurteilen, und dann zu entscheiden, ob wir sie weiter unterstützen wollen.

  2. Nutzt auf jeden Fall zahlreich die Gelegenheit zur Abstimmung, damit der Entscheid, ganz gleich wie er ausfällt, repräsentativ ist und nicht ein Zufallsmehr über die Zukunft der FMH-Politik entscheidet.

 

Herzlichen Dank!

 

Marc Müller, Präsident                                  
Berufsverband Hausärzte Schweiz

Margot Enz Kuhn
Vorsitzende Kommission Gesundheitspolitik               

 

Im Übrigen erlauben wir uns, nachdem die Delegiertenversammlung die Unterstützung der eidgenössischen Volksinitiative "Für eine öffentliche Krankenkasse" beschlossen hat, folgende Informationen weiterzugeben:
am 27. August und am 8. Oktober 2011 finden nationale Sammeltage statt. Informationen und Material können via Internet bezogen werden :

www.oeffentliche-krankenkasse.ch/index.php

 

Wir möchten ebenfalls daran erinnern, dass die Delegiertenversammlung auch die Unterstützung der eidgenössischen Volksinitiative. "Für Transparenz in der Krankenversicherung (Schluss mit der Vermischung von Grund- und Zusatzversicherung)" beschlossen hat. Die Unterschriftensammlung läuft, Informationen und Material sind zu beziehen über:

www.initiative-transparence.ch